„This too shall pass“ – Wie ich als pflegende Angehörige gelernt habe, mitten im Sturm zu bestehen

Es gibt Sätze, die klingen so einfach. Fast schon zu einfach.

Aber in Momenten, in denen dir das Leben alles abverlangt, können sie zu einem rettenden Anker werden.

Für mich war dieser Satz:

„This too shall pass.“ – Auch das wird vorübergehen.

Resilienz beginnt nicht mit Stärke,

sondern mit Entscheidung

Als pflegende Angehörige eines schwer kranken Partners habe ich immer wieder eines ganz deutlich erfahren:

Resilienz ist kein Charakterzug, den man „hat“ oder eben nicht. Es ist eine Entscheidung. Eine Entscheidung, die man jeden einzelnen Tag neu treffen muss.

Als mein Mann im letzten Jahr permanent mit Atemaussetzern, starken Schmerzen, blutigem Husten und Todesangst zu kämpfen hatte, war natürlich auch für mich an Schlaf, Pausen oder „me-time“ nicht mehr zu denken. Ich war rund um die Uhr gefordert – körperlich, emotional, seelisch.

Und doch bin ich daran nicht zerbrochen.

Nicht, weil ich stärker bin als andere. Sondern weil ich einen Weg gefunden habe, zu bestehen, ohne auszubrennen.

Der Druck von außen – und der innere Kompass

Was mich in dieser Zeit oft zusätzlich belastete, war nicht die Situation selbst, sondern die Reaktionen von außen.

Ständig hörte ich: „Du musst auch mal an dich denken.“, „Mach doch mal Ferien.“, „So hält das doch niemand durch.“

Doch ich wusste, dass das nicht meine Wahrheit ist:

Für uns – für unsere Liebe – war das einfach nicht der Weg.

Ich war nicht „unvernünftig“, weil ich nicht in den Wellnessurlaub fuhr.

Ich war nicht „selbstaufgebend“, weil ich Tag und Nacht an der Seite meines Partners blieb.

Ich war präsent. Ganz bewusst. Ganz im Jetzt.

Und das war mein Weg der Selbstfürsorge.

Die Kraft der radikalen Annahme

In dieser Phase erinnerte ich mich an etwas ganz Wesentliches: Meine Nahtoderfahrung, die ich im Alter von 15 Jahren gemacht hatte.

Damals war ich für einen Moment außerhalb meines Körpers, außerhalb der Zeit.

Ich sah meine trauernden Eltern und in mir war nur eins: Liebe.

Keine Angst, kein Schmerz, keine Sorge.

Nur tiefes, stilles Annehmen dessen, was ist.

Diese Erinnerung kam zurück – mitten in der schlaflosen Nacht, neben meinem leidenden Mann – und sie schenkte mir inneren Frieden.

Ich begann einfach alles fließen zu lassen. So wie damals beim Anblick meiner Eltern.

Angst, Wut, Erschöpfung, Trauer – ich hielt nichts mehr fest.

Ich kämpfte nicht gegen die Situation, sondern bewegte mich mit ihr.

Wie ein Fels in der Brandung, nicht durch Starrheit, sondern durch Standhaftigkeit im Inneren.

„This too shall pass“ – Die Weisheit hinter dem Satz

Die Worte „This too shall pass“ stammen ursprünglich aus dem alten Orient.

Der Legende nach bat ein König seine Weisen um einen Satz, der ihn in Hochmut zügeln und in Trauer trösten könne.Sie kamen mit eben diesen Worten zurück.

Auch Abraham Lincoln zitierte sie einst in einer Rede.

Was sie bedeuten?

Dass alles im Leben vergänglich ist. Das Schöne wie das Schwere. Das Glück wie das Leid.

Und dass es deshalb Sinn macht, vollkommen im Jetzt zu leben.

Denn nur hier können wir fühlen, handeln, helfen, lieben.

Resilienz ist kein Superhelden-Attribut

Ich bin kein Übermensch. Ich bin einfach nur ich.

Aber ich habe diese Superkraft der Annahme und der Achtsamkeit gelernt.

Die gute Nachricht: Jeder kann das lernen.

Die schlechte: Nicht über Nacht. Nicht ohne Tränen.

Aber Schritt für Schritt ist dies selbstverständlich auch für dich möglich

➡️ Indem du aufhörst zu kämpfen und beginnst, bewusst zu sein.

➡️ Indem du dich an das erinnerst, was in dir stärker ist als der Sturm.

➡️ Indem du dich immer wieder fragst:Was kann ich jetzt tun, genau in diesem Moment?

Ich reiche dir meine Hand.

Aber du musst sie auch nehmen.

Nicht weil du schwach bist – sondern weil du nicht alles allein tragen musst.

In tiefer Verbundenheit,

deine Yvonne